Namibia Memos 2017 - Erhabenheit

Etosha Nationalpark. Nicht mehr lange, dann schließen die Tore der staatlichen Camps. Da muss man zurück sein, sonst hat man ein ernstzunehmendes Problem. Die Sonne geht auch langsam runter - vielleicht es ca. 16:30 Uhr. 

 

Flashback: Wir sind zwei Wochen vorher in der Kalahari-Wüste im Osten Namibias. Unsere erste richtige Wüstenerfahrung. Roter Sand. Ich meine: Echt rot! Wahnsinn. Wir fahren morgens raus. Die Sonne ist noch nicht ansatzweise aufgegangen. Wir frieren uns - mit Verlaub - den Arsch ab. Bei Sonnenaufgang sehen wir die ersten Kudus, Oryxe, Springböcke. Dann passiert es irgendwann. In der Ferne. Die ersten Giraffen. (Ihr seht mich das nicht Schreiben - aber es stockt in den Tasten bei dieser Erinnerung und ich halt inne.) Was sind das für edle Geschöpfe. Wahnsinn! Wir fahren vorsichtig ran. Sie gehen direkt vor und neben unserem Auto vorbei. Die Nähe ist atemberaubend - und die Erhabenheit der Bewegung dieser Tiere ist unfassbar. Ich meine es wortwörtlich: Wir halten den Atem an. Man muss sie in der Freiheit gesehen haben, um diese Grazilität, diese Erhabenheit zu spüren. Sie gucken uns an. Sie gucken uns in die Augen. "Basd schoa" sagen sie - und ziehen weiter.

 

Flashback. Zeitlich irgendwo dazwischen (diesen Dialog kennt jeder, der Namibia durchreist hat):

Nicole: "Hast du gesehen, da hinten ...".
Martin: "Ja, komm. Giraffen. Ok. Willst du nicht echt anhalten, oder? Wir sind seit 10 Tagen hier im Land. Das ist Giraffe 136 bis 141."

Nicole: "Ja, stimmt. Ne, komm - fahr weiter."

 

Zeitlich zurück im Etosha Nationalpark. Da ist dieser Moment. Kurz vor Schließung der Tore: Sieben oder acht Giraffen. Männlich und weiblich. Alt und jung. Eine Familie - eine große. Sie kommunizieren. Man ist kein Ranger, aber man (er)kennt es inzwischen ein wenig. Man erkennt die sozialen Strukturen. Es ist unglaublich. Die Sonne ist schon weiter unten. Die Familie geht weiter, nähert sich wieder - sie begleiten uns auf dem Weg weg vom Wasserloch.

 

Wir sind zu Gast. Sie sind frei. Wir sitzen im Auto (reden kein Wort). Sie sind zuhause. Wir zu Besuch. Ich drehe mich zu Nicole. Sie hat Tränen in den Augen. Ich merke: Ich auch!

Namibia Memos 2017 - Erhabenheit :: Copyright Martin Schmidt, Fotograf für Schwarz-Weiß Fine-Art Architektur- und Landschaftsfotografie aus Nürnberg
Namibia Memos 2017 - Erhabenheit :: Copyright Martin Schmidt, Fotograf für Schwarz-Weiß Fine-Art Architektur- und Landschaftsfotografie aus Nürnberg

Kommentar schreiben

Kommentare: 0