Nürnberg - Zeppelintribüne

In Nürnberg kommt man an der Zeit des Nationalsozialismus nicht vorbei - und das ist auch gut so, denn die Beschäftigung mit diesem Kapitel der deutschen Geschichte ist wichtig und wird es immer bleiben. Eine Zeit lang hing es mir wirklich zum Halse raus. Meine gesamte Gymnasialzeit war extrem Nazi-geprägt: Deutsch, Religion, Geschichte, Politik, Kunst - überall immer dieses Thema. Sorry, aber irgendwann kann man es nicht mehr hören. Jetzt bin ich ja aber nicht mehr 19 und das Interesse kommt wieder. Da kommt Nürnberg natürlich ganz gelegen. Das ehemalige Reichsparteitagsgelände ist gigantisch. Gigantisch groß. Die große Straße und die Kongresshalle beispielsweise sind ein eindrucksvoller Beweis für den Größenwahn der Nazis, der hier, wie an vielen anderen Orten, durch den Architekten Albert Speer zum Ausdruck gebracht wurde.

 

Das einzige fertiggestellte Gebäude auf dem Gelände war die Zeppelintribüne. Gebaut in den Jahren 1935 bis 1937 auf Basis der Entwürfe von Speer aus dem Jahr 1934. Die Baustoffe waren Beton, Ziegel und Muschelkalk. Opfer- bzw. Feuerschalen, Pfeilerkolonnaden und die Führerempore vor dem überdimensionalen Hakenkreuz sowie die klare Orientierung am Pergamonaltar bildeten ein wirklich beeindruckendes 350 Meter breites Bauwerk, das eine unglaubliche Wirkungskraft auf die ca. 320.000 Zuschauer bei Hitlers Reden hatte. Sieht man im Dokuzentrum die Bilder von Hitlers auftritten in der Nacht, umgeben von dem von über 150 Flakscheinwerfern erzeugten Lichtdom, kriegt man einen vagen Eindruck von einem der Gründe, warum es den Deutschen so schwer viel, sich dieser Wirkungskraft zu entziehen.

 

Das Hakenkreuz wurde von den Alliierten nach der Befreiung Nürnbergs gesprengt. 1967 wurden die Kolonnaden und die Seitenpylonen aufgrund von Baufälligkeit abgetragen. Heute steht damit nur noch die extrem verwitterte Mitteltribüne, die Zentrum von Veranstaltungen wie dem Norisringrennen oder Rock im Park ist.

 

Die vollständige Instandsetzung würde heute geschätzte 70 Millionen Euro kosten - es ist echt heruntergekommen und stellt damit ein ausdrucksstarkes Symbol der Vergänglichkeit dar. In diesem Fall eine sehr positive Form der Vergänglichkeit. Unsere Beschäftigung mit dieser Zeit sollte nicht vergehen - und wenn ihr diesen Post bis hierin gelesen habt, dann habe ich ja meinen kleinen Anteil geleistet ;-) 

Nürnberg - Zeppelintribüne (Copyright Martin Schmidt, Fotograf für Schwarz-Weiß Fine-Art Architektur- und Landschaftsfotografie aus Nürnberg)
Nürnberg - Zeppelintribüne (Copyright Martin Schmidt, Fotograf für Schwarz-Weiß Fine-Art Architektur- und Landschaftsfotografie aus Nürnberg)

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    doree (Mittwoch, 25 Juni 2014 22:26)

    Hi Martin,
    ja, ich habe Deinen Post vom ersten bis zum letzten Wort gelesen. Interessant, informativ und wichtig, immer wieder mal an diesen Teil unserer Geschichte erinnert zu werden.
    Auch ich habe dort schon Fotos gemacht und versucht, einen Hauch dieser, unserer düsteren Vergangenheit (in Bildern) einzufangen.
    Dir ist es auf jeden Fall gelungen, mit Deinem Foto. Die Art, wie Du es bearbeitet hast, bringt genau diese Düsternis und Bedrohlichkeit, auch ohne Worte, rüber.

    LG Doree

  • #2

    schmaidt (Mittwoch, 25 Juni 2014 22:44)

    Hi Doree,

    freut mich, dass die Wirkung so bei dir rüberkommt. Und schön, dass du es im Text bis zum Ende geschafft hast ;-)

    LG,
    Martin